Aktualisiert am: 13.04.2020, 15:25 Uhr

Manche Versicherer bieten hin und wieder Aktionsanträge zur Berufsunfähigkeits­versicherung. Interessenten können bei diesen Aktionen eine Berufsunfähigkeits­versicherung mit vereinfachter Gesundheitsprüfung abschließen. Doch das hat manchmal auch einen Haken …

Eines sollte Dir vorher klar sein: Ein Versicherer kauft sich durch solche Aktionen i.d.R. „schlechteres“ Geschäft. Denn gewöhnlich nutzen vor allem Interessenten mit einem weniger guten Gesundheitszustand die Aktion. Der Versicherer muss Vorkehrungen treffen, um das neue Geschäft verlustfrei zu erhalten. Deshalb solltest Du bei Aktionsanträgen unter anderem auf folgende Punkte achten:

Darauf solltest du achten

Bedingungswerk

Der Versicherer kann beim Aktionsantrag ein anderes Bedingungswerk anbieten. Du solltest Dir die Bedingungen geben und prüfen lassen. Das Bedingungswerk ist mit das wichtigste Entscheidungskriterium, denn das ist die Rechtsgrundlage für einen späteren Leistungsanspruch.

Begrenzungen

Bei Aktionen mit vereinfachter Gesundheitsprüfung werden die Leistungen oft begrenzt (z. B. maximale Berufsunfähigkeitsrente 1.000 Euro) oder eine Wartezeit vereinbart (z. B. 5 Jahre. Kommt es innerhalb der Wartezeit zur Berufsunfähigkeit, leistet der Versicherer nicht).

Spontane Anzeigepflicht

Alle Fragen im Antrag müssen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet werden. Das ist nachvollziehbar. Mal angenommen der Versicherer stellt nur 3 Gesundheitsfragen und der Kunde beantwortet alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig. Dann ist doch alles ok, oder?

Grundsätzlich ja, wenn es nicht die spontane Anzeigepflicht und das Urteil des Landgerichts Heidelberg gäbe (Aktenzeichen 2 O 90/16, derzeit in Berufung vor dem OLG Karlsruhe, Aktenzeichen 12 U 156/16). Bei dem Fall hatte der Versicherer die Leistung verweigert, obwohl der Kunde beim Aktionsantrag die Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantwortet hatte. Der Versicherer berief sich auf die spontane Anzeigepflichtverletzung. Die besagt grob zusammengefasst, dass der Kunde dem Versicherer gefahrerhöhende Umstände ungefragt mitteilen muss. Das LG Heidelberg nimmt an, dass der Kunde eine Krankheit auch dann mitteilen muss, wenn die Erkrankung für den Versicherer von Bedeutung ist.

Die spontane Anzeigepflichtverletzung ist derzeit vor allem bei Aktionsanträgen mit wenigen Gesundheitsfragen von Bedeutung.

Ob sich die spontane Anzeigepflichtverletzung durchsetzen wird ist fraglich. Jedoch gibt es bisher keine Rechtsprechung vom BGH.

Du kannst den Fallstrick umgehen. Lass Dir vom Versicherer schriftlich bestätigen, dass er auf die Prüfung der spontanen Anzeigepflicht verzichtet.

Kleingedrucktes auf dem Antrag!

Auf manchen Aktionsanträgen stehen Voraussetzungen oder Hinweise. Nur unter den genannten Bedingungen kann der Kunde den Aktionsantrag nutzen! Hier ein Beispiel:

Auf dem Antrag steht:

Hinweise:
1) Wurde […] ein Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages […] abgelehnt, zurückgestellt oder nicht zu normalen Bedingungen angenommen […], so behält sich (der Versicherer) das Recht vor, die Person nicht zu versichern bzw. Auskünfte zur Beurteilung der Gesunheitsverhältnisse anzufordern und auszuwerten.

In dem konkreten Fall hatte der Kunde bereits eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem Ausschluss. Er wollte die Berufsunfähigkeitsversicherung wechseln und hoffte mit dem Aktionsantrag den Ausschluss raus zu bekommen. Er musste beim Aktionsantrag trotzdem weitere Gesundheitsdaten angeben. Es reicht nicht aus nur die Gesundheitsfragen zu beantworten, sondern Du musst auch schauen, unter welchen Voraussetzungen Du den Aktionsantrag nutzen kannst.

Gruppenverträge

Vor allem bei Gruppenverträgen (werden oft über den Arbeitgeber angeboten oder über Verbände) scheint die Problematik mit den „einfachen“ Gesundheitsfragen zuzutreffen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 20.04.2018, Aktenzeichen 12 U 156/16) hatte zu folgender Gesundheitsfrage zu urteilen:

Die Gesundheitsfrage

Ich erkläre, dass bei mir bis zum heutigen Tage weder ein Tumorleiden (Krebs), eine HIV-Infektion (positiver AIDS-Test), noch eine psychische Erkrankung oder ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) diagnostiziert oder behandelt wurden. Ich bin nicht pflegebedürftig. Ich bin fähig, in vollem Umfange meiner Berufstätigkeit nachzugehen.

Gesundheitsfrage im Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung

Zwei Jahre nach Vertragsabschluss stellte der Kunde einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente. Der Versicherer prüfte routinemäßig die Richtigkeit der Angaben im Antrag.

Dabei kam heraus, dass der Kunde bereits seit über 10 Jahren an Multipler Sklerose litt.

Vorwurf des Versicherers

Der Versicherer behauptete, der Kläger habe gefahrerhebliche Umstände vorsätzlich verschwiegen und darüber arglistig getäuscht. Weiterhin hielt sich der Versicherer aus diesem Grund für leistungsfrei.

Der Kunde hätte also von sich aus die Krankheit angeben müssen, obwohl danach explizit nicht gefragt wurde!

Das Gerichtsurteil

Das Urteil klang zunächst positiv, denn das Gericht befand, dass ein Kunde nur die Frage beantworten müsse. Das widerspricht der oben beschriebenen spontanen Anzeigepflichtverletzung und ist folglich für Kunden als sehr positiv zu bewerten.

ABER: Der Kunde bekam dennoch keine Rente!

Denn die Gesundheitsfrage lautete

Ich bin fähig, in vollem Umfange meiner Berufstätigkeit nachzugehen.

Letzte Satz der Gesundheitsfrage

Das Gericht war der Auffassung, dass ein Kunde der seit 10 Jahre Mulitple Sklerose habe, nicht vollumfänglich seiner Arbeit nachgehen könne.

Zusatzversicherungen

Übrigens spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob es sich um einen Einzelvertrag als Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV) oder eine Zusatzversicherung handelt. Eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) wird an einen anderen Vertrag „rangehangen“. Üblich sind ein Altersvorsorgevertrag oder Risiko-Lebensversicherung.

Derzeit wird eine BUZ vor allem bei Rürup Renten oft angeboten.

Zusammen­fassung

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Aktionsanträge zur Berufsunfähigkeits­versicherung ihre Tücken haben können. Nichts desto trotz können sie manchem Interessenten den Zugang zu einem Berufunfähigkeitsschutz bieten, der ihnen bei „normaler“ Gesundheitsprüfung nicht möglich wäre.

Du solltest nur Aktionsangebote mit vereinfachter Gesundheitsprüfung nutzen, wenn Du über den „normalen“ Weg keinen guten Versicherungsschutz erhältst. Ist ein Aktionsantrag für Dich interessant, dann achte auf die genannten Punkte.